Hach, taz… Ihr lernt auch einfach nichts dazu, ne? Deniz Yücel fand es schon sehr gemein, dass er nicht mehr unwidersprochen N* sagen darf (und sich gar Frauen im Publikum dagegen lautstark zur Wehr setzten, statt zu bügeln – Videospiel-Zitate be damned…), aber das habt Ihr unter “Satire” verbucht, und die darf ja bekanntlich alles. So, wie “Onkel Barracks Hütte” 2008. Oder wie Die Partei mit Blackface. Oder der Dresdner Zoo mit Affen.
Barack Obama kommt also nach Berlin, 50 Jahre nach John F. Kennedy, und wird eine Rede halten am Brandenburger Tor, nun in imageschwierigen Zeiten von PRISM und Hungerstreiks von Guantanamo-Häftlingen. Es ist zu erwarten, dass sich – wie üblich – Obamas Rede in Pathos ergiessen wird und man ein bisschen American Exceptionalism vor die Nase geknallt bekommt. Das wäre nichts Neues und das wäre auch nicht anders als das, was Politiker_innen weltweit tun (except for the exceptional exceptionalism, maybe) – es ist also keinen besonderen Spott oder besondere Häme wert.
Wozu hat sich nun aber die taz entschieden? Dafür, eine satirische Kolumne zu schreiben, in der Barack Obamas Rede aus Zitaten von Roberto Blancos Liedern besteht. Mehr noch, diese wird gleich eingeleitet mit einem Bild Roberto Blancos, das folgende Caption trägt: “Der amerikanische Präsident Barack Obama bei der Probe für seine große Berliner Rede.”
Man könnte das unter “nicht lustig” abhaken. Wäre ja nicht das erste Mal bei taz‘schen Satireversuchen. Leider wird hier aber fröhlich Rassismus reproduziert – selbst dann, wenn es als so überspitzt intendiert war, dass man den rassistischen Gehalt dieser Satire als solchen von Beginn an offenlegen wollte.
Barack Obama ist Schwarz, Roberto Blanco auch – das muss als Parallele reichen, um die beiden physisch wie rhetorisch austauschbar zu machen.
Die taz denkt, das sei Satire; vielleicht sogar eine, die Rassismus irgendwie entlarven soll (wie und warum so, bleibt unklar). Dass diese Satire nur deshalb funktionieren kann, weil man sie auf rassistischen Tropen aufbaut, ist der taz dabei egal. Schwarze Menschen wurden seit jeher als ununterscheidbar und deshalb beliebig auswechselbar angesehen; als ent-individualisierte, ent-persönlichte dunkle Masse, der sowohl physische als auch charakterliche Differenzen fehlte – das “anders”/”nicht-weiß” war genug des Markers und der Beschreibung Schwarzer Personen. Die taz bedient sich dieses Klischees, und sie subsumiert Barack Obama nicht nur unter einen von “diesen”, die irgendwie alle “gleich” aussehen, sondern macht aus der momentan politisch mächtigsten Person der Welt nicht mehr als einen phrasendreschenden Entertainer zur Belustigung eines weiß_deutschen Publikums.
Roberto Blanco hat sich seine Karriere ausgesucht, er singt seine Lieder (hoffentlich) freiwillig. Barack Obama ist jedoch kein Schlagersänger, er ist Politiker. Dass es Parallelen/Überschneidungen von Showbusiness und Politik gibt, ist so alt wie langweilig als vermeintliche “Erkenntnis” hier. Dass Barack Obama als “Popstar” gefeiert wurde, ebenso. Nichtsdestotrotz hat man Kennedy damals nicht mit Heino verglichen, und Angela Merkel vergleicht man nicht mit Barbara Streisand.
Das Narrativ, Barack Obama als inhaltslosen Popstar darzustellen, das sich die taz übrigens von US-Republikaner_innen der McCain-Kampagne abgeguckt hat, baut auf Rassismus auf – und hier schließt sich der Kreis zum Obama-Blackface Der Partei: Obama wird nicht nur entpersonalisiert und entindividualisiert durch Austauschbare-Schwarze-(TM)-Fotos, er wird zugleich zum bloßen Entertainment für weiße Zuschauer_innen degradiert; als jemand, der alberne Lieder (am besten mit ein bisschen Stepptanz) vorführt. Ihm wird Handlungsfähigkeit (agency) aberkannt, er wird zum bloßen Spektakel eines white gaze, zur Parodie eines weiß-definierten Schwarzseins.
Die taz greift hier tief in die Kiste rassistischer Stereotype, Narrative und Tropen – schon wieder. Wer immer noch ein Abo hat bei den “Genoss_innen” [sic], der_die möge es doch spätestens jetzt endlich kündigen. Die taz selbst freut sich ganz bestimmt über feedback unter @tazgezwitscher oder direkt hier.
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