Liebe Katrin Rönicke (et al.),

6 Sep

…du brauchst publicity für dein Buch (dessen Leseprobe ich mir angetan habe, übrigens – zwischen den leeren Parolen war ich besonders fasziniert von dem feministischen Wert der Anekdote, dass du mit blonden Haaren ja ein beliebtes Fotomotiv japanischer Tourist_innen – bei dir natürlich im generischen Maskulinum – gewesen seist). Für diese und andere Publikationen werden gebetsmühlenartig immer “provokative Thesen” zusammengebastelt. Ich verstehe dein Problem.

Inmitten deiner Nostalgie bezüglich der guten, alten, weißen Alphamädchen-Zeit bei der Mädchenmannschaft und Feminismus in Schland prä-2012 versuchst du, die “Stimme der Vernunft” zu sein, der Differenzierung, der “Aufklärung”, der freiheitlichen Rationalität (…die Geschichte jener Begriffe ist dir leider auch nicht bekannt). Was deine aufgeklärte Stimme schreibt, ist allerdings alles andere als vernünftig, sondern zunehmend antifeministisch, rassistisch und ignorant. Du weißt einfach nicht, wovon du redest, tust dies aber kompensatorisch umso lauter und redundanter, und weil es nicht mehr (nur) um Frauen geht, die deiner Person und deinem Lebensbild ähnlich sehen, fühlst du dich unterdrückt. Gerade jetzt, gerade angesichts der momentanen politischen Situation gerade für Women of Color (WoC), muss man das letztlich nicht weiter kommentieren. Aber hey:

Da ist er, der reverse racism/heterosexism/etc.: Wer sich gegen Diskriminierung wehrt, ist auf einmal der_die Angreifer_in, ist unsolidarisch, ist böse. Das Lied wird seit Jahren rauf und runter gespielt von dir und anderen Schlandfeministinnen. So nenne ich weiße Mittelklasse-Alphamädchen, für die ihr – oft national- und_oder Standort-“bewusster” – Feminismus gleichbedeutend ist mit heteronormativen reproduktiven Rechten, Lohngleichheit, oft noch binären Geschlechtervorstellungen und vor allem mit sich selbst. Neuerdings werden da auch gerne noch “Men’s Rights’ Activists [sic]”-Forderungen untergebracht. Man kommt quasi aus dem Staunen über diese Art der Klientelpolitik – also der mit universalistischen Phrasen und Identitätspolitik-“Kritik” schlecht verkappten Identitätspolitik für weiße Mittelschichts-Hetero-Paare – nicht mehr heraus.

Zunächst wollte ich dir auf jeden der Absätze deiner Texte bei den Ruhrbaronen antworten. Schnell stellte sich heraus, dass das nicht nur eine Mammutaufgabe ist, sondern sinnlos angesichts dessen, was in deinen Texten an Vorwissen fehlt und wie viele uninformierte Grundannahmen aus jenen sprechen.

Deshalb habe ich nun einfach eine kleine Auswahl an Materialien für dich und andere zusammengestellt. Es ist, stichpunktartig, eine kleine Übersicht zu den Themen, die du in deinen “Artikeln” ansprichst, und zu denen dir offensichtlich Informationen fehlen. Über ein bisschen Nachholarbeit würde ich mich freuen – bis dahin kehre ich wieder zum Überlesen deines Namens und deiner Texte zurück.

  • Zur Mädchenmannschaft (MM)
    a)
    Alphamädchen an die Front. Ist das einer der sachlichen Mainstream-Texte, die du meinst?
    b) Oder dieser Text, in dem Nadia dir noch einmal näherbringen wollte, was Rassismus ist, nachdem du dich bei der Lektüre von Noah Sows “Deutschland Schwarz-Weiss” unwohl fühltest (…und damals noch glaubtest, dass es biologische “Rassen” gäbe, dich aber gleichzeitig qualifiziert genug fühltest, das Buch zu bewerten)? Critical Whiteness und das Ende der Sektstimmung.
    c) Hannah Wettigs (die niemand “rausschmiss”, übrigens) global-erfahrene und differenzierte Rassismuskritik – ist das hier (quasi deine Textvorlage) gemeint? Ich bin übrigens die “Angry Black Woman”, die dort beschrieben wird (und das war der Text, in dem ich meiner “Wut freien Lauf gelassen” hätte) – ich bin aber unbesorgt über dieses rassistische Stereotyp, denn ich bin mir sicher, dass alle, die an diesem und ähnlichen Artikeln beteiligt waren, Schwarze Freund_innen haben.
    d) Oder spricht dieser Text auch noch einmal an, warum es durchaus problematisch ist, Feminismus als das Feld weißdeutscher Alphamädchen zu sehen und, wie du es auch 2015 erneut tust, z.B. antirassistische und anti-cissexistische Aspekte als “links” und “radikal” und “Identitätspolitik” und nicht “mainstreamfähig” abzubügeln (auch ohne mal kurz zu hinterfragen, wo denn der verloren geglaubte Wert der Angleichung an einen sexistischen, rassistischen, etc. Mainstream bitte läge…)? Entweder… Oder?
    e) Der Mädchenmannschaft, der du ganze zwei Jahre angehörtest und nun seit langem nicht mehr liest (wie du sagst…), trauerst oder lästerst du öffentlich nun schon mehr als doppelt so lange nach, als du je dabei warst. Seit 2011 schreibst du über die Mädchenmannschaft und wie es “damals” gewesen sei, kommentierst die Jubiliäumsfeier vor drei Jahren, auf der du nicht zugegen warst, und lamentierst Vertrauensentzüge. Vielleicht wäre es an der Zeit, endlich loszulassen?
    f) Vielleicht wäre es ebenso an der Zeit zu erkennen, dass Auseinandersetzungen – seien sie innerhalb der MM oder auf Twitter oder wo auch immer, keine Frage von “Stutenbissigkeit” oder “Zickenkrieg” oder nachtragenden Beleidigtseins oder ähnlichem sind, sondern politische Auseinandersetzungen? Ich widerspreche dir nicht, weil ich dich nicht möge (…wir kennen uns nicht persönlich) – ich widerspreche dir, weil du wahlweise diskriminierenden und_oder kenntnislosen Blödsinn erzählst. Es ist doch schon bezeichnend, wenn du dich umguckst und siehst, wer genau dir für deine Undifferenziertheit applaudiert.

Gern geschehen :)!

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4 Responses to “Liebe Katrin Rönicke (et al.),”

  1. Natalie September 11, 2015 at 1:29 pm #

    Danke, accalmie. Man könnte ja annehmen Katrin Rönicke und Freund*innen würden etwas merken, wenn der Beifall vor allem von Maskulisten kommt aber selbst dafür reicht es ja nicht. Also vielen Dank für die Zusammenstellung, von wegen Servicewüste Feminismus ;-)…

    • accalmie September 12, 2015 at 1:16 pm #

      Danke :)!

  2. Bla September 12, 2015 at 12:09 am #

    Auf niemandem wird so viel von dir rumgehackt wie auf Katrin Roenicke und das hier ist wieder so typisch für dich. Wegen dir weiss ich, dass es anti-weissen Rassismus gibt.

    • accalmie September 12, 2015 at 1:19 pm #

      :(

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